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Karten

Nachdem ich den letzten Artikel geschrieben habe, habe ich mir die Kiste genommen, in der wir die Karten sammeln, die wir zum Tod meiner Mutter bekommen haben. Ich hatte mir schon lange vorgenommen, die mal alle zu lesen, denn wir haben die Karten zu den Stoßzeiten mit 3 Personen geöffnet und durchgesehen, so dass ich nur ca. ein drittel der Karten gelesen habe.

Jetzt habe ich alle durch. Knapp 260 Stück. Teilweise lediglich mit dem Namen der Absender beschriftete Karten, teilweise Karten mit sehr persönlichen Worten. Und in Summe sehr schöne Karten. Wenns nicht makaber wäre, könnte man sich manche wegen der beeindruckenden Motive glatt an die Wand hängen.

Aus meinem Umfeld habe ich mitbekommen, dass große Unsicherheiten im Umgang mit Beileidskarten bestanden haben. Sollen wir eine Karte schreiben oder nicht? Lieber viel oder wenig schreiben? Persönlich oder unpersönlich? Geld rein oder nicht? Wenn ja wieviel? Vielleicht kann ich jetzt ein bisschen helfen…

  • Absender
    Das wichtigste, und zwar das allerwichtigste beim Schreiben von Karten an “Trauerhäuser” (oder wie auch immer man das nennen mag) ist, den Absender zu kennzeichnen. Bei uns sind nicht wenige Karten im Briefkasten gelandet, die nur mit einem Vornamen unterschrieben waren. Auch das Verwahren der Umschläge nützt da nichts: Absender gibts nur selten. Natürlich ist das kein Weltuntergang, schade ist es aber schon, wenn man nicht weiß, wer einem sein Mitgefühl ausspricht.
  • Karte: ja oder nein?
    Eine Karte schadet nie! Ich habe erlebt, wie gut es allen tat, wenn sie sahen: wir sind nicht alleine. Und die Karten waren der Beweis dafür, auch wenn gerade mal niemand in der Nähe war. Wenn man also schon soweit ist, über eine Karte nachzudenken, dann sollte die Entscheidung schon gefallen sein!
  • Was schreiben?
    Der Inhalt ist tatsächlich nicht so wichtig!
    Mich haben die Karten am meisten berührt, in denen Menschen von der Beziehung von sich selbst zu meiner Mutter geschrieben haben. Es tat auch jetzt wieder gut, diese Karten zu lesen.
    Gute Sprüche für Trauerkarten findet man übrigens bei Dietrich Bonhoefer (von ihm kenne ich jetzt glaube ich alle Trauersprüche) oder auch beim kleinen Prinzen (davon habe ich in zwei Karten jeweils unterschiedliche Auszüge gelesen).
  • Geld?
    Ich weiß nicht wie es bei anderen geschieht, ich erzähle wie es bei uns war: sofort nach Erhalt per Post haben wir die Karten (teilweise bestimmt 50 am Tag) geöffnet, das Geld rausgenommen, und wenn es keine längeren Texte gab manchmal sogar den Absender nicht wahrgenommen. Wir haben aber den erhaltenen Betrag in die Karten notiert. Als ich jetzt die Karten nochmal gelesen habe muss ich sagen: ich habe viele Dinge wahrgenommen, die Notiz, wer wieviel gespendet hat aber nicht.
    Ich würde sagen, lieber eine Karte ohne Spende, als keine Karte.

Wir haben einige Karten bekommen, die ich bestimmt noch des öfteren lesen werde. Aber ich weiß noch, welche Karten ich “damals” “gut” fand. Viele haben von ihrer Sprachlosigkeit geschrieben und Beileid entboten. Bekannte von meiner Mutter schrieben meiner Familie einfach nur

es tut uns so leid…

in ihre Karte. Weder originell, noch persönlich oder einfallsreich, aber was sollten sie mehr sagen? Die Karte zu lesen hat mich mehr Zeit gekostet, als manche andere mit einem langen Spruch.

Lange im Ohr lag mir auch eine Karte, die meine Mutter mir vielleicht auch so geschrieben hätte:

[…] gerade habe ich dein blog gelesen. Es tut mir sehr leid. Ich weiß, deine Mutter hat dir in 25 Jahren die Kraft gegeben, die du jetzt brauchst. […]

Am meisten beeindruckt hat mich die Karte, die mir ein junges Paar geschrieben hat. Es waren die jüngsten Absender einer Karte. Sie schrieben mir folgende Worte:

Was sagt man einem jungen Menschen in so einer schlimmen Situation wenn man selber zu jung ist um den Verlust zu begreifen… Wir können Dir nur sagen, dass es uns unendlich leid tut […]


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